Wer bin ich?
Rund 50 Jungen und junge Männer befassten sich am Wochenende vom 2.-3. Februar bei GetStrong im Allgäu mit der Frage nach der eigenen Identität
Auf dem Schlitten in die Gemeinschaft
Mit Sonne und Neuschnee begann die Gruppe das Wochenende bei einer rasanten Schlittenfahrt. Dabei wurde schnell deutlich: Geschwindigkeit, Abenteuer, Schneeballschlacht und Gemeinschaft sind allen Jungs wichtig, so dass auch die fünf Erstteilnehmer schnell einen Zugang zur Gruppe fanden. Diese gemeinsame Aktivität war wichtig, um auch innerlich zusammen zu kommen.
Gute Vorbilder helfen
Anhand von ausgewählten Filmsequenzen beschäftigte sich die Gruppe mit verschiedenen Männerbildern. Teamleiter Pius Rist stellte dazu verschiedene Männerfiguren in der Heiligen Schrift und deren Werteorientierung vor. Am Abend analysierten die Älteren im Film „Gran Torino“ die Rolle des Clint Eastwood, der zunächst viele Männerklischees zu erfüllen schien: Freund von Autos und Bier, ein etwas rauer Kämpfertyp, kann nicht kochen, ist mit tiefgehenden Beziehungen überfordert sowie eher desinteressiert am Glauben. Doch die Entwicklung des Protagonisten zeigt, dass er sich im Laufe der Ereignisse verändern kann: Am Ende steht er ein für echte Hingabe und Übernahme von Verantwortung gegenüber den Schwachen und Unterdrückten in der Gesellschaft.
Die Jüngeren bewunderten in Filmausschnitten von „Invictus – unbezwungen“ die Figur des Nelson Mandela (1918-2013), der 27 Jahre seines Lebens als Schwarzer in Südafrika im Gefängnis verbrachte, weil er standhaft gegen Rassendiskriminierung und Apartheit einstand. Dabei ließ er sich von widrigen Umständen nicht unterkriegen und vom Hass nicht besiegen, sondern suchte, gemäß dem gleichnamigen Gedicht von William Ernest Henley (1849–1903), in Freiheit Wege zur Versöhnung: „Ich bin der Meister meines Los’. Ich bin der Käpt’n meiner Seel.“ Auf der Suche nach Leitbildern entdeckten beide Gruppen letztlich neu Jesus Christus als Vorbild für jeden Menschen, auch für Männer in unserer Zeit, durch seine Hingabe in Freiheit und Liebe.
Glaube und Einsatz
Ein starker Glaube darf bei der eigenen Entwicklung der Persönlichkeit und Identität nicht fehlen! Darüber referierten einige Teamleiter, indem sie von ihren Erfahrungen vom Weltjugendtag in Panama und dem Vorprogramm der Regnum-Christi-Gruppe in Mexiko berichteten. Beim gemeinsamen Gottesdienst thematisierte P. Martin Baranowski auch die geistliche Botschaft von Papst Franziskus an die Jugendlichen:
„Wenn ihr so von Angesicht zu Angesicht vor Jesus steht, dann habt Mut und keine Angst, ihm euer Herz zu öffnen, damit er das Feuer seiner Liebe in euch erneuere, damit er euch ermutige, das Leben mit all seiner Schwäche, mit all seiner Begrenztheit, aber auch mit all seiner Größe und Schönheit anzunehmen. Jesus helfe euch zu entdecken, wie schön es ist, lebendig und wach zu sein. Scheut euch nicht, Jesus zu sagen, dass auch ihr an seiner Liebesgeschichte in der Welt teilnehmen wollt, dass ihr ‚mehr‘ wollt!“ (Papst Franziskus bei der Vigilfeier am 26. Januar 2019).
„Ehrenmann“ – was alles hinter einem Jugendwort steckt
Zum Jugendwort des Jahres 2018 wurden erst jüngst die Wörter „Ehrenmann“ und „Ehrenfrau“ gewählt. Jugendliche aus Deutschland, Österreich und der Schweiz hatten ihre Vorschläge bei „Langenscheidt“ einreichen können, woraus eine Top-30-Auswahl aufgestellt worden war. Danach wurde online abgestimmt, aus den daraus resultierenden zehn Favoriten wählte eine Jury dann das Jugendwort.
Die jungen Männer stellten sich demnach die Frage, was die heutige Welt von einem „Ehrenmann“ erwartet. Das Brainstorming ergab eine Vielfalt von Antworten:
Ein Ehrenmann legt sich mit stärkeren an, nicht mit schwächeren.
Ein Ehrenmann hilft seinen Freunden.
Sind die Freunde des Ehrenmannes bei einem Kampf in der Unterzahl, so hilft er ihnen.
Ein Ehrenmann reagiert gelassen und entspannt auf Provokationen.
Ein Ehrenmann rennt keiner Frau hinterher.
Ein Ehrenmann schlägt keine Frau.
Seinen Besitz hat ein Ehrenmann ehrlich erworben (er hat sie nicht geleast/geliehen, um damit anzugeben).
Ein Ehrenmann kümmert sich, um seine Kinder, egal, ob er von seiner Frau geschieden ist oder sie nicht zusammenleben.
Ein Ehrenmann macht sich nicht an die Freundin, die Cousine oder andere weibliche Verwandte seiner Kumpels, Bro‘s oder Brüder ran.
Ein Ehrenmann sagt die Wahrheit und lügt nicht.
Ein Ehrenmann steht zu seinen Worten.
Ein Ehrenmann bezeichnet sich nicht als „Ehrenmann“
Vor diesem Hintergrund schienen auch „alte“ Werte, wie Treue und Disziplin, eine neue Aktualität zu erhalten. Wichtig waren den jungen Leuten auch Eigenschaften wie Selbstbewusstsein, klare Werte zu haben, frei und unabhängig zu sein, treu zu bleiben, sich für ein Ideal einzusetzen, auch Ängste einzugestehen und sich ihnen zu stellen sowie ein gesundes Selbstwertgefühl zu haben.
Diskutiert wurde in diesem Zusammenhang die These des amerikanischen Autors Sebastian Junger: „Krieg hat junge Männer schon immer gefesselt, wir können zurückgehen bis zur Belagerung von Troja.“ Im Gespräch wurde deutlich, dass die Sehnsucht nach Kampf und Erfolg junge Männer heute meist in virtuelle Welten zieht, wobei die Gefahr besteht, Gewalt zu verherrlichen und die eigene Verantwortung in der realen Welt zu vernachlässigen.
Eine starke Gemeinschaft
„Das Schlittenfahren war einfach super“, sprudelte ein Junge bei der Abschlussrunde. „Ich staune über das Wachstum der Gruppe“, freute sich Teamleiter Pius Berktold. Erstmals reichten die Privatautos für den Transport der Teilnehmer nicht mehr aus, so dass ein Reisebus angemietet werden musste. „Für mich ist die gute Gemeinschaft besonders wichtig“, ergänzte ein langjähriger Teilnehmer.